Interessante Einblicke
Schon zu Beginn der Veranstaltung konnten zahlreiche Besucher durch den Kreisbeigeordneten des Wetteraukreises, Matthias Walther, und den Wölfersheimer Bürgermeister, Eike See, begrüßt werden. Es folgte eine Einordnung der Bedeutung der „Wölfersheimer“ Grabung und eine kurze Einführung zur Lebensweise der Jungsteinzeit durch die stellvertretende Landesarchäologin von Hessen, Frau Dr. Schade-Lindig. Dann ging es, geführt von Dr. Jörg Lindenthal, über die ausgedehnten Grabungsflächen. Erste Station bildete ein Grabenrest aus römischer Zeit. Mit Hilfe weiterer Reste von römischen Straßengräben konnte eine bisher unbekannte Straßenverbindung zum Kastell Inheiden nachgewiesen werden.
Den zweiten Anlaufpunkt bildete der ehemalige Standort eines jungsteinzeitlichen Hauses der sogenannten „Rössenkultur“ um 4500 v. Chr. Das ehemals in Lehmfachwerkbauweise errichtete Gebäude ließ sich noch anhand von Erdverfärbungen nachweisen. Diese Spuren der Pfostenlöcher von wand- und dachtragenden Innenpfosten zeichnen auch nach 6500 Jahren den Grundriss der Häuser nach. Schon jetzt muss die große Anzahl der Hausgrundrisse – es konnten bereits 28 Gebäude dokumentiert werden - als Glücksfall für die archäologische Erforschung dieser Zeitstellung betrachtet werden.
Mit Hilfe von Rekonstruktionen bekamen die Besucher die bisherigen Erkenntnisse über das Aussehen der Häuser gezeigt. Mit ihrer Schmalseite, die an einen Schiffsbug erinnert, waren die langgestreckten Gebäude zur Hauptwindrichtung Nordwest orientiert. Erstaunen erweckte die Bekanntgabe der Größe der Häuser: in Wölfersheim-Berstadt erreichte das größte eine Länge von weit über 60 Meter.
Direkt vor dem aktuell freiliegenden Hausgrundriss bestand die Gelegenheit, der Ausgrabung eines jungsteinzeitlichen Hockergrabes „live“ zuzusehen. Insgesamt konnten bisher sechs Bestattungen im Bereich der Siedlung erfasst werden. Auch dies stellt für die Erforschung rössenzeitlicher Plätze ein Novum dar und kann nicht hoch genug bewertet werden. Als dritter Befund wurde ein zugehöriger Brunnen besichtigt. Hier beineindruckte vor allem ein kunstvoll verziertes Gefäß, das komplett in die Verfüllung des Brunnens (vor etwa 6500 Jahren) gelangt war und gerade vor den Augen der Besucher geborgen wurde. Zum Abschluss gab es noch die Gelegenheit, eine Auswahl der bisher geborgenen Funde zu betrachten: Keramikscherben, Knochenreste, Werkzeuge aus Feuerstein und Mahlsteinfragmente. Insgesamt nutzten über 100 interessierte Menschen den sonnigen Nachmittag, um sich über die Lebensweise in der mittleren Jungsteinzeit in der Wetterau und die Methoden der Archäologie aus erster Hand zu informieren.