Gemeinsam mit dem Biber leben

Bänke stehen im Wasser, Feuerstellen sind verschwunden und gefühlt steigt das Wasser bei jedem Spaziergang um den Wölfersheimer See etwas mehr. Der Biber hat dort seine Spuren hinterlassen. Neben den für Spaziergänger offensichtlichen Auswirkungen, wird das gestiegene Wasser auch zu einem Problem für Wege und andere Infrastruktur rund um den See. Um Schäden abzuwenden, fand kürzlich eine Begehung mit der Unteren Naturschutzbehörde des Wetteraukreises und dem Bibermanagement des Regierungspräsidiums Darmstadt statt.
20.11.24 / Gemeinde Wölfersheim

Im südöstlichen Bereich des Wölfersheimer Sees befindet sich der Überlauf des Sees in den Biedrichsgraben. Wo bis vor einigen Jahren noch ein kleines plätscherndes Bächlein seinen Weg unter einer Fußgängerbrücke aus Holz hindurch floss, befindet sich heute eine idyllische Wasserlandschaft. Der Biber macht hier seinem Ruf als Landschaftsgestalter alle Ehre. „Der Bereich ist nicht nur wertvoll für den Biber, sondern auch wirklich schön. Leider steht das Wasser aber schon so hoch, dass langfristige Schäden zu befürchten sind,“ berichtet Bürgermeister Eike See. Es fehlt nicht mehr viel, bis das Wasser die kleine Holzbrücke erreicht. Entlang des Weges fehlt auch nicht mehr viel, bis dieser unter Wasser steht. Das ist bereits jetzt ein Problem, denn durch den hohen Wasserstand kann der Unterbau des Fuß- und Radweges aus Richtung Melbach, aber auch des eigentlichen Rundweges geschädigt werden. Bei Starkregenereignissen könnte es zu Überflutungen und durch Frost zu massiven Schäden an den Wegen kommen. Ein weiteres Problem entsteht bei der Tiefenwasserbelüftung des Sees. Das Belüftungssystem stößt aufgrund des massiven Anstiegs des Wasserstandes an seine technischen Grenzen. Der Hubzylinder kann die zusätzliche Tiefe nicht mehr ausgleichen, was die Effizienz der Belüftung beeinträchtigt. „Wir wollen den Biber nicht vertreiben, aber wir müssen Wege finden im Einklang mit ihm zu leben, um Schäden an unserer Infrastruktur zu vermeiden. Deshalb haben wir uns die Situation gemeinsam mit Fachleuten vor Ort angeschaut,“ berichtet Bürgermeister See.

Matthias Fink ist Bibermanager beim Regierungspräsidium (RP) Darmstadt und hat einiges zu tun, denn nicht nur in Wölfersheim fühlt sich der Biber wohl. Das konnte auch Eva von Lospichl von der Unteren Naturschutzbehörde des Wetteraukreises bestätigen. Gemeinsam mit Bürgermeister Eike See, den Bauabteilungsleitern Christopher Ahlemeyer und Thomas Größer und Jennifer Heller vom Bauamt der ebenfalls betroffenen Gemeinde Echzell machte man sich vom Wölfersheimer See aus auf den Weg zu den Biberdämmen am Biedrichsgraben. Ab Ufer des Sees, am Überlauf und an der Fußgängerbrücke überzeugte man sich von den Auswirkungen des angestauten Wassers. Einige hundert Meter weiter entlang des Biedrichsgraben befindet sich der erste Damm der Tiere. Rund 1,5 Meter hoch haben die Biber aus Gehölz einen Damm errichtet, über dessen Krone nur wenig Wasser fließt. Um den Wasserstand des Sees nicht weiter ansteigen zu lassen und etwas abzusenken wurden vor Ort verschiedene Maßnahmen beratschlagt, die aufgrund der Größe des Sees in Kombination durchgeführt werden sollen.

Im Vordergrund stehen dabei Maßnahmen, die den Lebensraum des Bibers schützen und gleichzeitig das Problem des erhöhten Wasserstands lösen sollen. Im Damm selbst soll ein so genannter „Bibertäuscher“ zum Einsatz kommen. Dabei handelt es sich um ein langes Rohr, dass durch den Damm gelegt werden soll. Dadurch soll das Wasser aus dem Anstaubereich reguliert abgesenkt werden. Darüber hinaus soll ein Bypass errichtet werden, der dauerhaft freigehalten wird. Durch die Maßnahmen soll der Wasserstand so reguliert werden, ohne dass Biber gegen die Maßnahme arbeitet. Die Senkung des Wasserspiegels muss durch einen Messpunkt kontinuierlich beobachtet werden. Dieser soll an der Holzbrücke im Biedrichsgraben liegen. Der Wasserpegel soll an dieser Stelle um ca. 50 Zentimeter gesenkt werden.

Läuft man vom Damm aus weiter in Richtung Echzell, dann deuten viele Spuren auf den Biber hin. Entlang des Grabens findet man mehrere Biberrutschen. Der Biber nutzt meist die gleichen Stellen, um vom Wasser an Land und wieder zurückzukommen. Durch die regelmäßige Nutzung und durch Erosion entstehen am Ufer vegetationslose Ein- und Ausstiege, die sogenannten „Biberrutschen“. Nagespuren machen deutlich, dass dem Biber auch Wetterauer Rüben gut zu schmecken scheinen. Nur wenige hundert Meter weiter findet man bereits den nächsten Damm. An ihm sind keine Maßnahmen geplant.

Mit den Maßnahmen am oberen Damm soll möglichst zeitnah begonnen werden. Die Rückkehr des Bibers in unsere Landschaft ist ein Erfolg des Naturschutzes, stellt Städte, Gemeinden und Grundstückseigentümer jedoch vor neue Herausforderungen. „Wir betrachten den Biber nicht als Problem, sondern sehen auch seine positiven Auswirkungen auf das Ökosystem. Mit den Maßnahmen konnte ein guter Weg gefunden werden, der den Lebensraum des Bibers respektiert und die Nutzung des Wölfersheimer Sees als Naherholungsgebiet sichert,“ schließt Bürgermeister Eike See ab.