Wortgewaltiger Neustart
Grund war Schroeders legendärer Auftritt bei einer Großdemonstration von Corona-Gegnern in Stuttgart, wofür das Gemeindeoberhaupt dem Wahl-Berliner hohen Respekt zollte.
Nach einem kurzen Dank an die Mitarbeiter der Gemeinde und dem ehrenamtlichen Team, ohne das die Reihe nicht möglich wäre, gehörte die »wundervolle Kleinkunstbühne« Florian Schroeder, der nicht zuletzt durch seine Fernsehshow „Schroeder darf alles“ bundesweit bekannt ist.
„Ich bin der Mann, der Sie rauf und runter fahren wird“, erklärte Schroeder den Besuchern, die er bei seiner „Wölfersheim-Premiere überhaupt“ mit auf die Suche nach dem Messias nahm, nachdem zuvor ein Film mit unzähligen Mini-Szenen aus Film und Fernsehen - gespickt mit nicht minder kurzen Aussagen bekannter Politiker - die Besucher auf das einstimmte, was in den nächsten zwei Stunden auf sie zukommen sollte.
Schroeder stellt sich als „Autor, Dramaturg und Regisseur in einem“ vor, doch er ist weit mehr. Es gelingt ihm geradezu spielend, das klassische politische Kabarett mit einem Schuss Comedy und Quatsch zu einer modernen Kabarettform aufzupeppen, wie nur er sie beherrscht. Dabei bedient er sich bekannter Formate, wie das Imitieren von Politikern oder mit kurzen - immer passenden Einspielern auf der Leinwand. Und er nutzt alle Facetten, die die deutsche Sprache bietet, erhöht bei seinen Ausführungen immer mal gerne das Tempo, bis hin zu einem kaum mehr verfolgbaren Rede-Stakkato, was immer wieder zu Zwischenapplaus und Lachanfällen der Besucher führt.
Er propagiert geradezu seine Standpunkte zu aktuellen politischen Themen, wobei er bewusst nicht immer auf den Mainstream setzt. Schroeder: „Alles, was ich heute sage, ist genau so, wie ich es meine.“
Er bezeichnet sich schon mal als „Ein-Mann-Lichterkette“, für die ein Neustart nur in Kunst und Kultur möglich sei, da ansonsten dafür ja aktuell nur Söder und Merz zur Verfügung stehen. Außerdem falle ein Neustart schwer, wenn der Russe abhöre, denn „er steht nicht vor der Tür, er sitzt schon mitten unter der Bundeswehrführung.“
Und schon ist Schroeder bei der aktuellen Politik. So zieht er seine ganz eigenen Lehren aus den Correctiv-Recherchen über das angebliche Geheimtreffen von Rechtsextremisten, das für ihn alles andere als geheim war: „Wir wissen jetzt, was die AfD wirklich will.“ Immerhin habe nun „die gute alte Demo“ wieder Hochkonjunktur und er hat dazu Verhaltensregeln parat: „langsam gehen, Hände frei haben und Hand in Hand laufen, alleine laufen heißt bummeln.“
Er outet sich als „Grünwähler aus Überzeugung“ und Befürworter von Tempo 130, „aber nur tagsüber, nachts fahre ich ja“.
Geradezu teuflisch nimmt er die sozialen Medien auseinander, lässt kein gutes Haar an Instagram, Facebook und Co, um sich dann mit einer Übersicht seiner Accounts in die Pause zu verabschieden.
Im zweiten Teil geht die Messias-Suche weiter. Die Vorschläge der Besucher auf den zuvor verteilten Karten helfen auch nicht weiter. So beschließt Schroeder einen moralisch einwandfreien Neustart mit der Gründung der Partei „Neustart“. Seine „Wahlrede“ ist gespickt mit bekannten Phrasen. Er zeigt schonungslos auf, wie aus einem gewählten Bundeskanzler ein rechter Diktator werden könnte. Da bleibt so manchem Zuhörer das Lachen im Halse stecken.
Umso mehr gelacht wird beim Finale mit einer herrlichen Persiflage auf die Markus-Lanz-Show, in der Schroeder in die Rollen von Lanz, Lindner, Habeck und Lauterbach schlüpft. Und dann endete auch die Messias-Suche. Schroeder: „Der Messias kommt nicht mehr, er war schon da.“
Mit Imitationen auf Zuruf erfüllt der Kabarettist die Forderungen nach einer Zugabe. Ein letztes Mal läuft er zur Hochform auf, begeistert als Heinz Schenk oder Barbara Schöneberger, nur bei den von den Besuchern geforderten Heinz Rühmann und Ricarda Lang muss er passen.