Wölfersheimer See ist nicht normal

Am kommenden Wochenende werden bei gutem Wetter mehrere tausend Menschen ein fröhliches, friedliches und abwechslungsreiches Fest an „ihrem See“ feiern. Die Vorbereitung laufen auf Hochtouren. Sorgenvolle Gesichter sah man dennoch kürzlich in der Sitzung des Bauausschusses der Gemeinde Wölfersheim, als es um den See ging. Nicht etwa, weil die Ausschussmitglieder sich Sorgen um ein gutes Fest machen würden, sondern weil das deutlich unangenehmere Thema „Wasserqualität“ auf der Tagesordnung stand.
07.10.19 / Gemeinde Wölfersheim

Der Gemeindevorstand hat hierzu vom

Fachbüro FLUVALIS ein umfangreiches Gutachten erstellen lassen. Tenor: Der

Wölfersheimer See kann jederzeit einen ökologischen Kollaps mit fatalen Folgen

für Pflanzen und Tiere erleben. Dieses Gutachten wurde nun im Bauausschuss

beraten. Der Gutachter Dipl. Biologe Ingo Kramer war vor Ort um die Ergebnisse

zu erläutern, Fragen zu beantworten und Lösungswege zu diskutieren. Mit seinem

Satz „Der Wölfersheimer See ist nicht normal“ brachte er die anwesenden Zuhörer

zum Schmunzeln und zeigte gleichzeitig das Dilemma auf: Es gibt keine

Standardlösung aus der Schublade, die man auf den größten Wetterauer See

anwenden könnte. Die Problemlage ist individuell und die Rahmenbedingungen

außerordentlich. Eine echte Herausforderung für die Gemeinde Wölfersheim.

An den Beratungen im Ausschuss

nahmen außerdem Vertreter der Landwirtschaft, des Maschinenrings Wetterau, des

Angelsportvereins Wölfersheim und Umgebung sowie des Hessischen Fischereiverbandes teil. Ein Ergebnis des Gutachtens ist die Tatsache, dass der Einfluss der

Landwirtschaft auf die schlechte Wasserqualität sehr gering ist. Die

Hauptursache liegt ohne Zweifel im Zufluss durch die Kläranlage. Dies sei zwar

von allen Behörden genehmigt, aber hessenweit einzigartig, so Kramer.

Er erläuterte, dass es im Wesentlichen zwei Handlungsfelder gäbe, um eine

erfolgreiche Gewässertherapie durchzuführen. Die Ursachenbeseitigung im Rahmen

einer Sanierung und die Symptombekämpfung im Rahmen einer Restaurierung. Die

Ausschussmitglieder nutzten die rund zweistündige Beratung unter der Leitung

des Ausschussvorsitzenden Michael Schmidt intensiv um mehr über dieses wichtige

Thema zu erfahren und Lösungsansätze zu diskutieren.

Bürgermeister Rouven Kötter

formulierte anschließend einen Vorschlag zur weiteren Vorgehensweise, der von

allen Ausschussmitgliedern mitgetragen wurde: Der Gemeindevorstand wird

zusammen mit der Verwaltung und den eingebundenen Fachleuten unverzüglich eine

Vorlage erarbeiten, die erneut in den Bauausschuss gehen soll. Darin sollen

drei Punkte ausgearbeitet und näher beleuchtet werden. Erstens soll geklärt

werden, welche Möglichkeiten es gibt, den See vom Zufluss durch die Kläranlage

zu befreien und was dies kostet. Zweitens sollen Möglichkeiten der

Restaurierung gesammelt und ebenfalls mit Kosten unterlegt werden. Hierbei geht

es insbesondere um Frischwasserzufuhr und Sauerstoffanreicherung. Als dritter

Punkt soll die Zeit genutzt werden, Fördermöglichkeiten für die zu erwartenden

Kosten zu prüfen, bspw. im Zusammenhang mit der Wasserrahmenrichtlinie. Auch

Kooperationsmöglichkeiten und finanzielle Beteiligungsmodelle mit dem

Angelsportverein sollen in dieser Zeit verhandelt werden.

„Wir sind uns einig, dass wir zügig

aber wohl durchdacht handeln müssen. Am Anfang eines solchen Prozesses sollte

immer eine Bestandsaufnahme stehen. Diese liegt nun vor und wurde intensiv

beraten. Darauf aufbauend gilt es nun, Lösungsmöglichkeiten zu sammeln, zu

prüfen und die finanziellen Auswirkungen zu beleuchten. Anschließend wollen wir

zeitnah gemeinsam mit den Fachleuten und Betroffenen beraten und danach im

Parlament eine Entscheidung über die durchzuführenden Schritte treffen. Wenn

wir nicht entschlossen handeln, dann wird ‚Treffpunkt See‘ 2014 vielleicht

letztmalig stattfinden. Wer will schon an einem stinkenden Gewässer feiern, auf

dem tote Fische treiben?“ so Bürgermeister Kötters drastisch formuliertes

Fazit.