Westerland in Wölfersheim
Mit dem erst eine Woche vorher traditionell beim Offenbacher Lichterfest zur Premiere gebrachten neuen Programm „Komm aufs Meer!“ servierte das Sinfonieorchester sogar noch mehr Facetten als bei seinem ersten Gastspiel am See im vergangenen Sommer. Für die enorm facettenreiche Klanglichkeit sorgte alleine schon die erst 31jährige Dirigentin Katharina Müllner, die unter anderem im Herbst an der Semperoper in Dresden gastiert. Am Sonntag aber eben in der Wetterau. Hochpräzise und dabei genauso locker wie bis in die Fingerspitzen musikalisch verlieh sie noch dem kürzesten Stückchen (das war die „Magnum“-Titelmusik mit einer knappen Minute Spielzeit) ausgeprägten Charakter. Das ließ zunächst die Klassik-Stücke herrlich atmen – Antonio Salieris selten gehörte Ouvertüre „La Tempesta di Mare“ (die es an Showeffekt locker mit Vivaldis „Sommer“ aufnehmen kann) ebenso wie Camille Saint-Saëns unendlich schönes „Aquarium“, das Müllner raffiniert glitzern ließ; man hörte die Lichtreflexe geradezu heraus. Jan Polivka bot dabei den solistischen Klavierpart so brillant wie zurückgenommen.
Die Kronberger Pop-Sängerin Katrin Glenz ist beim Wölfersheimer Festival längst keine Unbekannte mehr. Aber sie schafft es stets erneut, ihrer farbenreichen Stimme neue Facetten abzugewinnen. Bei „Komm aufs Meer!“ ging das vom diffusen Leuchten der Enya-Kompilation „Life of the Ocean“, die Glenz in lyrischer Weite aussang, bis zum vokalen Energiebündel im durch Tina Turner legendär gewordenen „Proud Mary“. Thomas Bopp ist neu im Team der Capitol-Sinfoniker und legte ein stimmlich charakteristisches und in der Bühnenpräsenz bestens unterhaltsames Debüt hin. Bei allem gut gelaunten Interagieren mit dem Publikum ist er stets entspannt und locker, und so gelingt ihm auch ein bestens groovender „Mambo Nr.5“, ein in Siebziger-Jahre-Eleganz vergnügt aufgesetztes „Surfin U.S.A.“ oder ganz besonders das OneRepublic-Meisterstück „Westcoast“, dem er leuchtenden Glanz verlieh.
Ein Programm des Capitol Symphonie Orchesters wäre nicht komplett ohne eine richtig witzige Ingredienz. Die bot man mit „Steam Punk Shanties“, die der Bad Homburger Komponist Patrik Bishay in einem Klangbild zwischen Dampf-und-Messing-Assoziationen koloriert hat. „What shall we do“, „My Bonnie“ und natürlich der unvermeidliche „Wellerman“ gerieten mit Glenz, Bopp und den Letzteren zum Matrosen-Trio ergänzenden Carsten Rupp und Eckhard Beesk zu einem musikalisch prachtvollen riesigen Spaß.
Dem Orchester hört man jederzeit an, dass es diese unterschiedlichsten Formen mit Leidenschaft und Kompetenz auf die Bühne bringt – geübt auch in den Finessen guter Popmusik und begabt mit der Selbstverständlichkeit, „Fluch der Karibik“ ebenso gerne zu spielen wie eine Beethoven-Sinfonie. Der Künstlerische Leiter des Ensembles, Ralph Philipp Ziegler, ließ es sich auch diesmal nicht nehmen, die Show selbst zu moderieren und unterhielt mit originellen Fakten von erst mit 150 Jahren geschlechtsreifen Walen („aber sie haben danach im Schnitt auch noch 350 Jahre Zeit“) ebenso wie mit historisch verbrieften Benimm-Regeln echter Piraten, was das Publikum in der augenzwinkernd vorgetragenen Gesamtheit bestens amüsiert goutierte.
Ein besonderer Abend, der sehr hohes Qualitäts- wie Unterhaltungsniveau bestens zusammenbrachte und auf dem besten Weg ist, in Wölfersheim ein „Muss“ zu werden.