Vom Schandfleck zum Schmuckstück
Ein Jahrzehnt dauerte die Auseinandersetzung um die Sanierung des alten Pfarrhauses zwischen der Kirchengemeinde und den Denkmalschutzbehörden. Eine Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes war für die Kirchengemeinde nicht finanzierbar. Ein Gemeindehaus, für das sich das Gebäude nicht eignete, wurde dringend gebraucht. Im Jahr 2007 wechselte das Gebäude seinen Eigentümer. Die politische Gemeinde kaufte der Kirchengemeinde das Haus im Rahmen eines Tauschgeschäftes ab. Damit ermöglichte die Gemeinde Wölfersheim der Kirchengemeinde, ihr Projekt „Gemeindehaus“ weiterzuverfolgen.
Im Parlament wurde oft darüber beratschlagt, wie mit dem Gebäude verfahren werden soll. Favorisiert wurde ein Abriss und Neuaufbau, aber auch eine Gemeinde muss sich an die Festsetzungen der Denkmalschutzbehörde halten. Als einzige tragbare Möglichkeit blieb eine Finanzierung mit Mitteln des Sozialen Wohnungsbaus in Kombination mit Mitteln des Denkmalschutzes. Durch diesen Finanzierungsmix hat die Gemeinde unterm Strich Eigenmittel in Höhe von 290.000 Euro zu tragen.
Das Gebäude war zu Beginn der Arbeiten weitgehend baufällig. Die Stahlträger im Keller waren extrem korrodiert, und die Balken der Kellerdecke waren von Moderfäule geschädigt. Aus diesem Grund musste der Keller verfüllt werden und dient nun als Fundament. Die Treppe zwischen Erd- und Obergeschoss war stark vom Nagelkäfer befallen. Ein weißer Porenschwamm hat sich ausgebreitet. Das Erdgeschoss und die Decke zum Obergeschoss konnten nicht erhalten werden. Hierzu wurde das Obergeschoss zunächst „aufgebockt“ und das Untergeschoss neu errichtet. In drei Abschnitten wurde das Gebälk des Erdgeschosses entfernt und bis zur Zwischendecke untermauert.Das Verfahren ist zwar umständlicher als ein Neubau, jedoch die einfachste und kostengünstigste Möglichkeit, das Gebäude im Sinne des Denkmalschutzes zu erhalten. Von Obergeschoss und Dachstuhl blieben alle erhaltenswerten Teile erhalten. Dennoch wurden große Teile des Obergeschosses wie das Erdgeschoss gemauert. Die Gestaltung der Außenwände erfolgte in enger Abstimmung mit den Denkmalschutzbehörden.
Nach der Fertigstellung findet man im Erdgeschoss zwei kleine Wohnungen mit einer Größe von jeweils etwa 38 Quadratmetern, die bequem und barrierefrei über eine Rampe erreicht werden können. Die Wohnungen sind bewusst so geplant, dass auch alleinstehende Senioren mit Rollator hier wohnen können. Im Obergeschoss findet man eine großzügigere Etagenwohnung mit einer Größe von 85 Quadratmetern. Auf die Wohnungen kann man sich bis Ende April bewerben. Einziehen können die ersten Bewohner im Sommer.
Die Besucher nutzten die Möglichkeit, sich alle Ecken des Gebäudes genau anzuschauen. Bürgermeister Rouven Kötter und der im Rathaus zuständige Fachbereichsleiter Manfred Meißner standen für Fragen zur Verfügung. Auch Landrat Joachim Arnold, der das Projekt als damaliger Bürgermeister auf den Weg gebracht hat, überzeugte sich vom Fortschritt der Arbeiten und bezeichnete das Pfarrhaus als „Echtes Schmuckstück“. Dem stimmte Kötter zu: „Die Arbeiten sind langwierig, und viele Einzelheiten müssen mit anderen Behörden abgestimmt werden. Wie sehr sich die Arbeit lohnt, lässt sich schon heute gut erkennen.“