Glasfaser für alle Haushalte - Bürgermeister wollen gemeinsam handeln
Unvorstellbare Datenmengen werden über ein modernes Glasfasernetz um den gesamten Globus übertragen. In vielen Regionen liegt der Flaschenhals der Verbindung direkt vor der Haustür. Auf der sogenannten „letzten Meile“, also der Verbindung ins Haus, wird auch in den drei Kommunen noch die alte und störanfällige Kupferdrahtverbindung genutzt. Diese wird von vielen Nutzern geteilt, und je weiter ein Haus entfernt liegt, umso geringer ist die Geschwindigkeit. Durch die Deutsche Telekom wurden viele Bereiche mit der Vectoring-Technik erschlossen, was die Versorgung der Haushalte mit Internet verbessert hat. Der Standard liegt etwa 50 Mbit, bestenfalls 100 Mbit/s im Download und 40 Mbit/s im Upload. Auch diese Technologie basiert weiterhin auf dem klassischen Kupferkabel, was sich in nicht allzu ferner Zukunft als Bremse bemerkbar machen wird. Die seinerzeit von der Telekom in Aussicht gestellte Weiterentwicklung „Supervectoring“ lässt auf sich warten. Diese hätte dann aber auch bei 300/50 Mbit/s ihre Grenze erreicht, da die „letzte Meile“, also das alte Kupferkabel, das von den neuen Verteilerkästen in die Häuser geht, damit technisch vollends ausgereizt wäre. Glasfaserleitungen hingegen übertragen Daten mit der höchsten Geschwindigkeit überhaupt – mit Lichtgeschwindigkeit, und ein flächendeckender Ausbau bis zum Endverbraucher (Fiber-to-the-home, FTTH) ist auf Dauer unverzichtbar und daher zwingend erforderlich. Bisher ist Glasfaser nur in wenigen Ortschaften direkt bis zu den Endverbrauchern verlegt. „Im Vergleich zu anderen Ländern hängt Deutschland beim Glasfaserausbau hinterher. Direkte Anschlüsse wurden bisher nur dort verlegt, wo es sich lohnt, also in den größeren Städten. Die ländlichen Regionen werden dadurch abgeschnitten. Eine gute Internetverbindung wird aber für alle Bürgerinnen und Bürger immer wichtiger und ist inzwischen ein entscheidender Standortfaktor für Privatpersonen und Gewerbetreibende. Wie wollen wir es erreichen, dass weniger Menschen in die Zentren pendeln, wenn die Infrastruktur für das Arbeiten von zu Hause schlichtweg nicht ausreichend ist? Wir müssen jetzt in unsere Zukunft investieren und nicht, wenn es schon zu spät ist,“ unterstreicht Bürgermeister Eike See und verweist dabei auf andere Planungen. Die Telekom hat signalisiert, dass ein Glasfaserausbau frühestens ab 2025 in Betracht komme. Ob dieser dann tatsächlich zeitnah realisiert werden kann, ist fraglich.
Arbeit über Gemeindegrenzen
Die Bürgermeister aus Rockenberg, Wölfersheim und Münzenberg haben sich bereits seit einiger Zeit gemeinsam über die Möglichkeiten zum Ausbau ihrer Kommunen mit Glasfaser informiert. „Eine gemeinsame Erschließung bietet sich mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit und aufgrund der geographischen Lage der Kommunen an. Es besteht Konsens, dass die Kommunen einen Breitbandausbau in eigener Regie sowohl finanziell als auch personell nicht alleine leisten können. Glasfaserleitungen sind zudem Voraussetzung für den 5G-Ausbau des Mobilfunks.“ Berichtet Manfred Wetz.
In den vergangenen Monaten wurden daher verschiedene Firmen kontaktiert und die Vorgehensweisen und Bedingungen für einen Glasfasernetzausbau intensiv geprüft und diskutiert. Das Ergebnis dieser Gespräche wurde in einer Matrix zusammengefasst und analysiert. Oberste Priorität bei der Beurteilung der verschiedenen Anbieter hatte die Art der Kabelverlegung. „Die Glasfaserkabel werden häufig kostensparend in einer Tiefe von 20 bis 40 cm unter Straßen-/Gehwegoberkante verlegt, was bei späteren Tiefbauarbeiten zu Problemen führt, da standardmäßig Leitungen und Kabel in einer Tiefe von 60 bis 80 cm verlegt werden. Weitere wichtige Faktoren waren die Kosten, die möglicherweise auf eine Kommune und die Endkunden zukommen, die Möglichkeit für andere Anbieter, sich in dieses Netz einzumieten (Open Access) sowie die Investoren im Hintergrund, die die finanzielle Stabilität der Unternehmen und den späteren Betrieb gewährleisten sollen.“ Fasst Dr. Isabell Tammer zusammen. Die Unternehmen bauen nach vergleichbaren Kriterien aus, bei genauerer Prüfung gibt es jedoch Unterschiede. Nach eingehender Abwägung und Prüfung der Referenzen wird von den drei Bürgermeistern übereinstimmend die Firma GVG Glasfaser GmbH aus Kiel, deren Investor seinen Sitz in Frankfurt hat und deren Vertriebspartner in Bad Nauheim ansässig ist, als das am besten geeignete Unternehmen befunden.
Ausbau bis 2023 möglich
Der Ausbau der drei Wetterauer Kommunen wird kostenfrei erfolgen. Es ist dazu der Abschluss eines entsprechenden Kooperationsvertrages zur Unterstützung bei der Werbung und bei den Ausbaumaßnahmen sowie die Bereitstellung einer Fläche für den „Point of Presence“ (POP=ähnliches eines großen Stromverteilerkastens) durch die Kommune erforderlich.
Die Arbeiten könnten in 2022 in einer Kommune beginnen und schrittweise in den anderen Kommunen fortgeführt und 2023 abgeschlossen werden.
Ob dies so kommt, ist nun von der Zustimmung der Gremien abhängig. Die von den Bürgermeistern erarbeitet Vorlage soll parallel in allen Kommunen eingebracht werden. Darin sollen die Parlamentarier über einen Kooperationsvertrag mit der GVG Glasfaser GmbH abstimmen. Den Vertrag hat man vorab bereits vom Hessischen Städte- und Gemeindebund rechtlich und inhaltlich prüfen lassen. „Wir haben uns in unzähligen Sitzungen und Gesprächen mit diesem Thema beschäftigt. Die Entscheidung ist für unsere Kommunen nicht mit Kosten verbunden, sie ist aber entscheidend für die künftige Entwicklung. Aus diesem Grund soll die Vorlage zur weiteren Beratung in die Fachausschüsse verwiesen werden. Dort soll sich das Unternehmen vorstellen und auch von bisher umgesetzten Projekten berichten. Wir sind zuversichtlich, dass die Parlamentarier in allen drei Kommunen sich über die Bedeutung dieser Kooperation im Klaren sind und die Bedeutung des Glasfaserausbaus für die Zukunft unserer Kommunen zu schätzen wissen,“ sind sich Tammer, Wetz und See einig.