Gelebte Partnerschaften

Die Gemeinde Wölfersheim hat zwei Partnerstädte: Rabca in der Slowakei und L'Isle-sur-le-Doubs (gesprochen "Lilsürledu") in Frankreich. Beides sind keine "Verwaltungspartnerschaften", die nur auf dem Papier existieren, sondern durch viele Gruppen getragene und initiierte Freundschaften, die regelmäßig gepflegt werden. Insbesondere der Partnerschaftsverein Wölfersheim engagiert sich hier mit großem organisatorischem Aufwand. Im Juni und Juli standen Besuche in den beiden Städten an, die unterschiedlicher kaum ablaufen konnten...
22.01.20 / Gemeinde Wölfersheim

"Land unter" in L'Isle-sur-le-Doubs

Am

letzten Juni-Wochenende war in Frankreich ein musikalisch-sportliches

Freundschaftswochenende geplant. Der FC L'Isloise aus

L'Isle-sur-le-Doubs feierte sein 80jähriges Jubiläum mit einem großen

Fest und im Ort war gleichzeitig ein Musikfest mit Bands aus der ganzen

Umgebung angedacht. Aus Wölfersheim reiste Bürgermeister Rouven Kötter

mit seiner Frau Katrin, die als 2. Vorsitzende des Partnerschaftsvereins

insbesondere für den Austausch mit Frankreich zuständig ist, bereits am

Freitag an. Abends stand ein Gastspiel des Fußballzweitligisten FC

Sochaux-Montbeillard gegen eine regionale Auswahl auf dem Programm. Bei

schwülem Wetter siegte erwartungsgemäß der Zweitligist vor über 500

Zuschauern. Am nächsten Morgen sollte um 6 Uhr ein Bus unsere Gemeinde

Richtung Frankreich verlassen, mit einer Gruppe der SG Melbach und

einigen Schülern der Singbergschule an Bord. Die SG Melbach feiert im

kommenden Jahr 90. Geburtstag und war zum Gastspiel eingeladen worden.

Es kam jedoch anders.

"Wir haben nachts kaum ein Auge zugemacht."

Berichtet Bürgermeister Kötter von der Nacht von Freitag auf Samstag.

"Zunächst war es unwahrscheinlich schwül und dann brach ein

beeindruckendes Unwetter los." Wie schlimm das Unwetter tatsächlich war,

erkannte man erst, als Kötter um 5.30 Uhr geweckt wurde und zur

Lagebesprechung ins örtliche Rathaus fuhr. L'Isle-sur-le-Doubs stand

teilweise komplett unter Wasser, Schlamm und Wasser bahnten sich ihren

Weg durch den Ort und machten sogar Familien obdachlos, da Teile ihrer

Häuser weggerissen wurden. Das Festgelände rund um den Sportplatz war

verwüstet, an eine Austragung des Spiels gegen Melbach nicht zu denken.

In Abstimmung mit Bürgermeister Rémy Nappey und dem für die

Partnerschaft zuständigen Stadtrat Michel Laurent sowie den Lehrkräften

der Singbergschule und den Verantwortlichen der SG Melbach entschied man

sich, den Besuch abzusagen. Das Mittagessen, das für die ankommende

Besuchergruppe aus Wölfersheim bereits bestellt war, wurde kurzerhand

den obdachlos gewordenen Familien sowie den Helfern zur Verfügung

gestellt.

Während das Fußballjubiläum sprichwörtlich ins Wasser fiel,

entschieden die Verantwortlichen in L'Isle-sur-le-Doubs, das Musikfest

in abgespeckter Form durchzuführen. Auch hierfür war eine Gruppe aus

Wölfersheim vorgesehen. Die Musiker Nina Gerlach und Sebastian Göbel

waren ebenfalls bereits am Freitag angereist und berieten nun

telefonisch mit den restlichen Musikern über das weitere Vorgehen. Da

das Fest nicht abgesagt wurde, entschieden sich Jörg Karl, Kai Knöpp und

Gernot Hopp mit Familie anzureisen. "Es war eine ungewohnte Stimmung"

erzählte Sänger Sebastian Göbel nach dem Auftritt. "Wir haben versucht,

ein wenig Ablenkung herbeizuführen und die Besucher für eine Weile von

dem anstrengenden Erlebten abzulenken." Dass dies mit Hilfe der von

Göbel selbst komponierten Stücke trotz Nieselregen hervorragend gelang,

zeigte sich am Applaus und Zuspruch, den die Band erntete. Besonders

freuten sich die Zuschauer darüber, dass Göbel zwischen den Liedern

kurze Erläuterungen zu den Texten abgab, die dann vom "Wölfersheimer

Franzosen" Philipp Durieu übersetzt wurden. Der Samstagabend wurde dank

guter Musik, leckerem Essen und der ein oder anderen Flasche Wein sehr

unterhaltsam und gesellig, ehe man dann am Sonntag wieder die Heimreise

antrat. Partnerschaften gelten eben nicht nur bei Sonnenschein, sondern

gerade auch in schwierigen Zeiten. Das Rückspiel im kommenden Jahr in

Melbach hat jedoch hoffentlich bessere klimatische Rahmenbedingungen.

Tolle Tage in Rabca

Direkt

eine Woche danach machte sich eine andere Gruppe unter der Leitung der

ersten Vorsitzenden des Partnerschaftsvereines Anna Küchenmeister auf

den Weg ins slowakische Rabca. Die Reisegruppe war bunt gemischt und

beinhaltete eine Gruppe bestehend aus Wölfersheimer Feuerwehrleuten, die

vor Ort im Feuerwehrgerätehaus der Feuerwehr schliefen. Alle anderen

Teilnehmer waren privat untergebracht und konnten auf diesem Weg die

besonders herzliche slowakische Gastfreundschaft erleben.

Donnerstagabend ging es los und nach rund 14 Stunden Fahrt kam man

erschöpft aber glücklich in den Beskiden, nahe der Hohen Tatra und der

polnischen Grenze, an. Mit großem Hallo und dem obligatorischen Schnaps

sowie leckerem Essen wurden die Gäste aus Deutschland begrüßt. Gleich am

ersten Tag gab es ein kleines Sightseeingprogramm rund um die

Wölfersheimer Partnerstadt.

Am Samstag stand die Kreisstadt Namestovo

auf dem Programm. Hier konnte man nicht nur günstig und gut einkaufen,

sondern auch eine Insel auf dem großen Stausee besichtigen. Unter dem

Stausee sind fünf ehemalige kleine Ortschaften begraben, auf der Insel

steht noch eine Kirche als Erinnerung an die Zeit vor der Aufstauung des

Wassers. Während Bürgermeister Rouven Kötter gemeinsam mit seinem

slowakischen Kollegen Julius Pitak beim örtlichen Fußballturnier an der

Eröffnung und der Siegerehrung mitwirken durfte, sammelte sich der Rest

der Gruppe nach und nach auf dem Festplatz hinter dem Rathaus, da hier

die jährlichen Rabca-Tage mit Musik und Ständen zum Verweilen einluden.

Höhepunkt aus Wölfersheimer Sicht war sicherlich der Auftritt der Band

"Emerald Lies" mit Thomas Küchenmeister, Christina Dern (als

Gastsängerin), Claus Weber und Jörg Karl, der bereits eine Woche zuvor

in Frankreich auf der Bühne stand. Abends verteilte man sich auf

verschiedene Lokalitäten, um das EM-Viertelfinale Deutschland gegen

Italien zu sehen. Schnell merkte man, dass den Slowaken der

Eishockey-Sport deutlich wichtiger ist, als Fußball - der Sieg der

deutschen Elf eine Woche zuvor gegen die slowakische Nationalmannschaft

im Achtelfinale hatte offensichtlich für wenig Aufsehen gesorgt. Dennoch

wurde eine Kneipe gefunden, die das Spiel per Beamer auf eine Leinwand

übertrug und so war ein guter Rahmen für das enorm spannende Spiel

gefunden.

Einige Wölfersheimer ließen sich von dem langen Abendspiel

und den anschließenden Feierlichkeiten nicht abhalten und gingen bereits

früh morgens in die Kirche. Der Kirchgang samstags und sonntags hat

einen hohen Stellenwert in Rabca. Die katholische Gemeinde ist sehr

gläubig, so dass das Gotteshaus sowohl samstags als auch sonntags um

7.00 Uhr, um 9.00 Uhr und um 11.00 Uhr bis auf den letzten Platz gefüllt

ist.

Während das Wetter am Samstag hervorragend war, nieselte es am

Sonntagvormittag, als sich die Reisegruppe zu einer weiteren

Besichtigung traf. Einige Kilometer von Rabca entfernt befindet sich

eine salzige Heilwasserquelle. Diese wurde besichtigt und gekostet. In

Zukunft soll nach dem Willen des Eigentümers hier eine Therme mit

Heilbad entstehen. Aktuell ist in der Gegend überwiegend eines zu

finden: Enorm viel wunderschöne Natur. Davon konnte man sich bei einem

Rundgang durch ein Moor ebenso überzeugen, wie bei einem Spaziergang im

Naturschutzgebiet. Auf dem Rückweg nach Rabca gab es noch einen kurzen

Zwischenstopp bei einem Käseproduzenten, der im Wald Ziegen und Schafe

hält und aus deren Milch den speziellen geräucherten Käse der Region

herstellt. Von der Möglichkeit zur Verkostung wurde in dem urigen

Ambiente ebenso Gebrauch gemacht, wie vom Verkauf.

Nach einem

Mittagessen in den Familien traf man sich am frühen Nachmittag bei

herrlichem Sonnenschein zur offiziellen Eröffnung der musikalischen

Rabca-Tage wieder. In tollen Trachten brachten junge und ältere Menschen

gemeinsam slowakische Volkslieder zum besten. Dies war auch der würdige

Rahmen für die offizielle Begrüßung der Wölfersheimer Delegation.

Bürgermeister Julius Pitak hieß alle sehr herzlich willkommen und dankte

für die gelebte, herzliche Partnerschaft. Wölfersheims Bürgermeister

Rouven Kötter hatte dem Anlass entsprechend einen Hessenkittel angelegt

und bedankte sich im Namen der gesamten Gruppe für die Gastfreundschaft,

mit der man willkommen geheißen wurde. Kötter hielt seine Rede auf

Slowakisch, was von den anwesenden Slowaken mit Begeisterung beklatscht

wurde. Als Gastgeschenk hatte er ein großformatiges Foto der

Wölfersheimer Feuerwehreinsatzkräfte mitgebracht, denn die Feuerwehr ist

eine der treusten Gruppen, die diese Partnerschaft mit Leben füllt.

Nach ein paar weiteren Stunden auf dem Festplatz gab es im "Kultury

Dom", der "Wetterauhalle Rabcas", ein Abschiedsessen, an dem auch die

Gastfamilien teilnahmen. Gegen 20 Uhr brach die Reisegruppe, vom

Blaulicht und Martinshorn der Feuerwehr begleitet, zur Heimreise auf.

Im Bus herrschte gute Laune und überall waren die Worte "Herzlichkeit",

"Gastfreundschaft" und "Begeisterung" zu hören. Die geselligen Tage in

unserer Partnerschaft waren für alle Beteiligten ein beeindruckendes,

unvergessliches Erlebnis. Gute 14 Stunden später kamen alle müde, aber

mit tollen Eindrücken und dem ein oder anderen Mitbringsel im Gepäck

wieder wohlbehalten in Wölfersheim an.

Auf den Geschmack gekommen?

"Der

Partnerschaftsverein sorgt dafür, dass unsere beiden

Städtepartnerschaften nicht nur daraus bestehen, dass ich meinen

sympathischen Kollegen Rémy und Julius Weihnachtskarten schicke. Der

Partnerschaftsverein hält die beiden Freundschaften am Leben und dafür

möchte ich Anna Küchenmeister und ihrem Team sehr herzlich danken! Es

ist wichtig, dass möglichst viele Menschen in den Genuss kommen, diese

spannenden, interkulturellen Austausch selbst zu erleben. Es sind

wunderbare, unvergessliche Momente." Schwärmt Rouven Kötter. Wer den

Partnerschaftsverein unterstützen möchte, kann dies mit einer

Mitgliedschaft tun. Auch sind selbstverständlich Helfer und Unterstützer

immer willkommen. Wenn diese Französisch oder Slowakisch sprechen, ist

dies optimal, aber die Erfahrung zeigt, das die Sprache des Herzens und

ein Lächeln im Gesicht international verstanden werden. Wer Interesse an

einer Mitarbeit hat, benötigt lediglich Offenheit und Spaß daran,

Menschen und andere Länder kennenzulernen. Informationen zum

Partnerschaftsverein gibt es unter

www.partnerschaftsverein-woelfersheim.de