Gelebte Partnerschaften
"Land unter" in L'Isle-sur-le-Doubs
Am
letzten Juni-Wochenende war in Frankreich ein musikalisch-sportliches
Freundschaftswochenende geplant. Der FC L'Isloise aus
L'Isle-sur-le-Doubs feierte sein 80jähriges Jubiläum mit einem großen
Fest und im Ort war gleichzeitig ein Musikfest mit Bands aus der ganzen
Umgebung angedacht. Aus Wölfersheim reiste Bürgermeister Rouven Kötter
mit seiner Frau Katrin, die als 2. Vorsitzende des Partnerschaftsvereins
insbesondere für den Austausch mit Frankreich zuständig ist, bereits am
Freitag an. Abends stand ein Gastspiel des Fußballzweitligisten FC
Sochaux-Montbeillard gegen eine regionale Auswahl auf dem Programm. Bei
schwülem Wetter siegte erwartungsgemäß der Zweitligist vor über 500
Zuschauern. Am nächsten Morgen sollte um 6 Uhr ein Bus unsere Gemeinde
Richtung Frankreich verlassen, mit einer Gruppe der SG Melbach und
einigen Schülern der Singbergschule an Bord. Die SG Melbach feiert im
kommenden Jahr 90. Geburtstag und war zum Gastspiel eingeladen worden.
Es kam jedoch anders.
"Wir haben nachts kaum ein Auge zugemacht."
Berichtet Bürgermeister Kötter von der Nacht von Freitag auf Samstag.
"Zunächst war es unwahrscheinlich schwül und dann brach ein
beeindruckendes Unwetter los." Wie schlimm das Unwetter tatsächlich war,
erkannte man erst, als Kötter um 5.30 Uhr geweckt wurde und zur
Lagebesprechung ins örtliche Rathaus fuhr. L'Isle-sur-le-Doubs stand
teilweise komplett unter Wasser, Schlamm und Wasser bahnten sich ihren
Weg durch den Ort und machten sogar Familien obdachlos, da Teile ihrer
Häuser weggerissen wurden. Das Festgelände rund um den Sportplatz war
verwüstet, an eine Austragung des Spiels gegen Melbach nicht zu denken.
In Abstimmung mit Bürgermeister Rémy Nappey und dem für die
Partnerschaft zuständigen Stadtrat Michel Laurent sowie den Lehrkräften
der Singbergschule und den Verantwortlichen der SG Melbach entschied man
sich, den Besuch abzusagen. Das Mittagessen, das für die ankommende
Besuchergruppe aus Wölfersheim bereits bestellt war, wurde kurzerhand
den obdachlos gewordenen Familien sowie den Helfern zur Verfügung
gestellt.
Während das Fußballjubiläum sprichwörtlich ins Wasser fiel,
entschieden die Verantwortlichen in L'Isle-sur-le-Doubs, das Musikfest
in abgespeckter Form durchzuführen. Auch hierfür war eine Gruppe aus
Wölfersheim vorgesehen. Die Musiker Nina Gerlach und Sebastian Göbel
waren ebenfalls bereits am Freitag angereist und berieten nun
telefonisch mit den restlichen Musikern über das weitere Vorgehen. Da
das Fest nicht abgesagt wurde, entschieden sich Jörg Karl, Kai Knöpp und
Gernot Hopp mit Familie anzureisen. "Es war eine ungewohnte Stimmung"
erzählte Sänger Sebastian Göbel nach dem Auftritt. "Wir haben versucht,
ein wenig Ablenkung herbeizuführen und die Besucher für eine Weile von
dem anstrengenden Erlebten abzulenken." Dass dies mit Hilfe der von
Göbel selbst komponierten Stücke trotz Nieselregen hervorragend gelang,
zeigte sich am Applaus und Zuspruch, den die Band erntete. Besonders
freuten sich die Zuschauer darüber, dass Göbel zwischen den Liedern
kurze Erläuterungen zu den Texten abgab, die dann vom "Wölfersheimer
Franzosen" Philipp Durieu übersetzt wurden. Der Samstagabend wurde dank
guter Musik, leckerem Essen und der ein oder anderen Flasche Wein sehr
unterhaltsam und gesellig, ehe man dann am Sonntag wieder die Heimreise
antrat. Partnerschaften gelten eben nicht nur bei Sonnenschein, sondern
gerade auch in schwierigen Zeiten. Das Rückspiel im kommenden Jahr in
Melbach hat jedoch hoffentlich bessere klimatische Rahmenbedingungen.
Tolle Tage in Rabca
Direkt
eine Woche danach machte sich eine andere Gruppe unter der Leitung der
ersten Vorsitzenden des Partnerschaftsvereines Anna Küchenmeister auf
den Weg ins slowakische Rabca. Die Reisegruppe war bunt gemischt und
beinhaltete eine Gruppe bestehend aus Wölfersheimer Feuerwehrleuten, die
vor Ort im Feuerwehrgerätehaus der Feuerwehr schliefen. Alle anderen
Teilnehmer waren privat untergebracht und konnten auf diesem Weg die
besonders herzliche slowakische Gastfreundschaft erleben.
Donnerstagabend ging es los und nach rund 14 Stunden Fahrt kam man
erschöpft aber glücklich in den Beskiden, nahe der Hohen Tatra und der
polnischen Grenze, an. Mit großem Hallo und dem obligatorischen Schnaps
sowie leckerem Essen wurden die Gäste aus Deutschland begrüßt. Gleich am
ersten Tag gab es ein kleines Sightseeingprogramm rund um die
Wölfersheimer Partnerstadt.
Am Samstag stand die Kreisstadt Namestovo
auf dem Programm. Hier konnte man nicht nur günstig und gut einkaufen,
sondern auch eine Insel auf dem großen Stausee besichtigen. Unter dem
Stausee sind fünf ehemalige kleine Ortschaften begraben, auf der Insel
steht noch eine Kirche als Erinnerung an die Zeit vor der Aufstauung des
Wassers. Während Bürgermeister Rouven Kötter gemeinsam mit seinem
slowakischen Kollegen Julius Pitak beim örtlichen Fußballturnier an der
Eröffnung und der Siegerehrung mitwirken durfte, sammelte sich der Rest
der Gruppe nach und nach auf dem Festplatz hinter dem Rathaus, da hier
die jährlichen Rabca-Tage mit Musik und Ständen zum Verweilen einluden.
Höhepunkt aus Wölfersheimer Sicht war sicherlich der Auftritt der Band
"Emerald Lies" mit Thomas Küchenmeister, Christina Dern (als
Gastsängerin), Claus Weber und Jörg Karl, der bereits eine Woche zuvor
in Frankreich auf der Bühne stand. Abends verteilte man sich auf
verschiedene Lokalitäten, um das EM-Viertelfinale Deutschland gegen
Italien zu sehen. Schnell merkte man, dass den Slowaken der
Eishockey-Sport deutlich wichtiger ist, als Fußball - der Sieg der
deutschen Elf eine Woche zuvor gegen die slowakische Nationalmannschaft
im Achtelfinale hatte offensichtlich für wenig Aufsehen gesorgt. Dennoch
wurde eine Kneipe gefunden, die das Spiel per Beamer auf eine Leinwand
übertrug und so war ein guter Rahmen für das enorm spannende Spiel
gefunden.
Einige Wölfersheimer ließen sich von dem langen Abendspiel
und den anschließenden Feierlichkeiten nicht abhalten und gingen bereits
früh morgens in die Kirche. Der Kirchgang samstags und sonntags hat
einen hohen Stellenwert in Rabca. Die katholische Gemeinde ist sehr
gläubig, so dass das Gotteshaus sowohl samstags als auch sonntags um
7.00 Uhr, um 9.00 Uhr und um 11.00 Uhr bis auf den letzten Platz gefüllt
ist.
Während das Wetter am Samstag hervorragend war, nieselte es am
Sonntagvormittag, als sich die Reisegruppe zu einer weiteren
Besichtigung traf. Einige Kilometer von Rabca entfernt befindet sich
eine salzige Heilwasserquelle. Diese wurde besichtigt und gekostet. In
Zukunft soll nach dem Willen des Eigentümers hier eine Therme mit
Heilbad entstehen. Aktuell ist in der Gegend überwiegend eines zu
finden: Enorm viel wunderschöne Natur. Davon konnte man sich bei einem
Rundgang durch ein Moor ebenso überzeugen, wie bei einem Spaziergang im
Naturschutzgebiet. Auf dem Rückweg nach Rabca gab es noch einen kurzen
Zwischenstopp bei einem Käseproduzenten, der im Wald Ziegen und Schafe
hält und aus deren Milch den speziellen geräucherten Käse der Region
herstellt. Von der Möglichkeit zur Verkostung wurde in dem urigen
Ambiente ebenso Gebrauch gemacht, wie vom Verkauf.
Nach einem
Mittagessen in den Familien traf man sich am frühen Nachmittag bei
herrlichem Sonnenschein zur offiziellen Eröffnung der musikalischen
Rabca-Tage wieder. In tollen Trachten brachten junge und ältere Menschen
gemeinsam slowakische Volkslieder zum besten. Dies war auch der würdige
Rahmen für die offizielle Begrüßung der Wölfersheimer Delegation.
Bürgermeister Julius Pitak hieß alle sehr herzlich willkommen und dankte
für die gelebte, herzliche Partnerschaft. Wölfersheims Bürgermeister
Rouven Kötter hatte dem Anlass entsprechend einen Hessenkittel angelegt
und bedankte sich im Namen der gesamten Gruppe für die Gastfreundschaft,
mit der man willkommen geheißen wurde. Kötter hielt seine Rede auf
Slowakisch, was von den anwesenden Slowaken mit Begeisterung beklatscht
wurde. Als Gastgeschenk hatte er ein großformatiges Foto der
Wölfersheimer Feuerwehreinsatzkräfte mitgebracht, denn die Feuerwehr ist
eine der treusten Gruppen, die diese Partnerschaft mit Leben füllt.
Nach ein paar weiteren Stunden auf dem Festplatz gab es im "Kultury
Dom", der "Wetterauhalle Rabcas", ein Abschiedsessen, an dem auch die
Gastfamilien teilnahmen. Gegen 20 Uhr brach die Reisegruppe, vom
Blaulicht und Martinshorn der Feuerwehr begleitet, zur Heimreise auf.
Im Bus herrschte gute Laune und überall waren die Worte "Herzlichkeit",
"Gastfreundschaft" und "Begeisterung" zu hören. Die geselligen Tage in
unserer Partnerschaft waren für alle Beteiligten ein beeindruckendes,
unvergessliches Erlebnis. Gute 14 Stunden später kamen alle müde, aber
mit tollen Eindrücken und dem ein oder anderen Mitbringsel im Gepäck
wieder wohlbehalten in Wölfersheim an.
Auf den Geschmack gekommen?
"Der
Partnerschaftsverein sorgt dafür, dass unsere beiden
Städtepartnerschaften nicht nur daraus bestehen, dass ich meinen
sympathischen Kollegen Rémy und Julius Weihnachtskarten schicke. Der
Partnerschaftsverein hält die beiden Freundschaften am Leben und dafür
möchte ich Anna Küchenmeister und ihrem Team sehr herzlich danken! Es
ist wichtig, dass möglichst viele Menschen in den Genuss kommen, diese
spannenden, interkulturellen Austausch selbst zu erleben. Es sind
wunderbare, unvergessliche Momente." Schwärmt Rouven Kötter. Wer den
Partnerschaftsverein unterstützen möchte, kann dies mit einer
Mitgliedschaft tun. Auch sind selbstverständlich Helfer und Unterstützer
immer willkommen. Wenn diese Französisch oder Slowakisch sprechen, ist
dies optimal, aber die Erfahrung zeigt, das die Sprache des Herzens und
ein Lächeln im Gesicht international verstanden werden. Wer Interesse an
einer Mitarbeit hat, benötigt lediglich Offenheit und Spaß daran,
Menschen und andere Länder kennenzulernen. Informationen zum
Partnerschaftsverein gibt es unter
www.partnerschaftsverein-woelfersheim.de