BHW-Misere: Bürgermeister sind enttäuscht und sauer
„So wie uns die Lage geschildert wurde, können die Läden nicht der Grund für die Schieflage der bhw sein, denn bereits Ende vergangenen Jahres muss es wohl ernste Anzeichen der finanziellen Probleme gegeben haben. Uns hat man jedoch erst kürzlich informiert, als das Kind in den Brunnen gefallen war und alle Beschlüsse gefällt waren. Warum hat man nicht mit uns gesprochen, als noch die Möglichkeit zur Rettung bestand? Wir feiern Baustellenfeste in Hainchen, feierliche Einweihungen in Wölfersheim und niemand hält es für nötig, uns rechtzeitig über die Schwierigkeiten zu informieren. Das ist kein fairer Umgang mit kommunalen Partnern.“ Die beiden Bürgermeister vermuten die Gründe der Krise in fehlender Führung und Kontrolle der Behindertenhilfe. „Es kann doch nicht sein, dass niemand die Probleme rechtzeitig bemerkt hat und offensichtlich keine ausreichenden Versuche unternommen wurden, diese Eskalation abzuwenden. Wo war die notwendige Kontrolle und Überwachung des Geschäftsbetriebes? Und vor allem: Warum hat niemand mit uns gesprochen und nach Lösungen gesucht, solange die Möglichkeit noch realistisch bestand?“
Für die Café-Laden-Kombination in Wölfersheim liegen die Fehler laut Bürgermeister Kötter auf der Hand: „Von Beginn an fehlte dort eine fachkundige, engagierte Führungskraft. Alle Vorschläge, die wir zur Verbesserung der Geschäftslage unterbreitet haben, wurden freundlich entgegengenommen und dann nicht umgesetzt. Unprofessionelle Werbung, ständig wechselnde Öffnungszeiten, keine zielgruppenspezifische Kundenansprache und so weiter. Die Liste unserer kreativen Ideen war lang, aber nichts davon wurde umgesetzt. Da braucht man sich nicht wundern, wenn die Kunden ausbleiben und die Zahlen nicht stimmen. Man kann solche Geschäftsmodelle nicht ohne Fachkräfte an der Spitze erfolgreich führen. Diesen Fehler muss sich die bhw-Geschäftsführung ankreiden lassen. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Laden gewinnbringend zu führen wäre.“ Ein besonders haarsträubendes Beispiel, dass die Potenziale des Ladens nicht genutzt wurden, war laut Kötter die verregnete Eröffnung der Marktscheune am ersten Oktoberwochenende: „Wir sorgen mit unserer Veranstaltung dafür, dass mehr als hundert Menschen auf das Areal der Wölfersheimer Mitte kommen und die Behindertenhilfe öffnet das Café nicht. Viele durchnässte Marktbesucher hätten sich gern bei einem Kaffee und einem Snack aufgewärmt. Wer sich solche Möglichkeiten entgehen lässt, braucht sich am Ende des Monats nicht über ein Minus in der Kasse zu wundern. Es ist ärgerlich, dass hier eine gute, soziale Idee völlig unnötig aufgegeben wird, obwohl sie erfolgreich umgesetzt werden könnte.“
Die beiden sozialdemokratischen Bürgermeister sind jedoch nicht nur verärgert über den Umgang mit ihnen als kommunale Partner, sondern insbesondere auch über die Folgen für die betroffenen Mitarbeiter: „Zahlreiche Mitarbeiter verlieren ihre Arbeit. Menschen mit Behinderung, die extra wegen der Läden in unsere Gemeinden gezogen sind, wird der Boden unter den Füßen weggezogen. Sie müssen jetzt in die Werkstätten, obwohl sie sich an die Arbeit mit den Kunden gewöhnt haben und in ihrem Umfeld regelrecht aufgeblüht sind. Fehler in der Führung werden auf dem Rücken der schwächsten Mitarbeiter ausgetragen.“ zeigen sich Ludwig und Kötter betroffen.
Trotz des gemeinsamen Ärgers gibt es auch Unterschiede in der weiteren Entwicklung. Für die Läden in Limeshain sucht Bürgermeister Ludwig mit Hochdruck nach einer Nachnutzung, die für die Bevölkerung eine Grundversorgung darstellt. „Sowohl in Hainchen als auch in Himbach sind die Läden eine wichtige Säule der Nahversorgung insbesondere für die ältere Bevölkerung. Ich werde alles daransetzen, dass wir schnell Nachmieter finden, die die entstehende Versorgungslücke schließen können.“
In Wölfersheim ist die Situation etwas entspannter: Zum einen erwartet Bürgermeister Kötter, dass die Behindertenhilfe gGmbH auch nach der Schließung pünktlich ihre Miete zahlt, denn hier gibt es einen Mietvertrag mit fünfjähriger Laufzeit ohne außerordentliches Kündigungsrecht durch den Mieter. So lange will Kötter den Laden aber keinesfalls leer stehen lassen. Zum anderen ist die Nahversorgung durch die Märkte im Gewerbegebiet und die vorhandenen Bäckereien und Metzger nicht gefährdet. „Finanziell wird durch den Leerstand kein Schaden entstehen. Wir werden die Behindertenhilfe erst aus dem Vertrag entlassen, wenn wir einen passenden und attraktiven Nachmieter für das Café und die Ladeneinheit gefunden haben. Diese Suche gehen wir nun mit Sorgfalt und Ruhe an.“
Einen Hoffnungsschimmer gibt es wohl noch: Alle Beteiligten suchen im Hintergrund nach einer Lösung zur Fortführung der Läden unter anderer Trägerschaft. Ludwig und Kötter hierzu: „Wir hoffen, dass die Läden nicht geschlossen werden, sondern dass ein neuer Träger für einen nahtlosen Übergang schnellstmöglich gefunden wird. Wir sind hierfür bereits in Gesprächen mit potenziellen neuen Partnern.“