Anwohnerentscheid zur Singbergschule - Vorerst keine Einbahnstraße
Damit das dortige Wohngebiet nicht
verkehrstechnisch kollabiert, wurde ein Verkehrskonzept erarbeitet und
jüngst den Anwohnern im Rahmen einer Versammlung in der Singbergschule
präsentiert. Bürgermeister Rouven Kötter hatte seinen Verkehrsexperten
Thorsten Höhne in den vergangenen Monaten mit einem umfangreichen
Arbeitsauftrag versehen: Über mehrere Wochen wurde der Verkehr auf den
Zufahrtsstraßen durch versteckte Zählungen erfasst und ausgewertet.
Außerdem wurden alle Anwohner mit Hilfe eines anonymen Fragebogens über
die Verkehrssituation in die Entwicklung eingebunden. „Die
Erfolgsgeschichte Singbergschule soll nicht zur Leidensgeschichte für
die betroffenen Anwohner werden.“ leitete Wölfersheims Bürgermeister
Rouven Kötter die Anwohnerversammlung ein. „Es ist kaum zu vermeiden,
dass durch die Oberstufe mehr Verkehr zur Singbergschule kommt. Das zu
verleugnen wäre Augenwischerei. Es ist uns daher sehr wichtig,
frühzeitig und gemeinsam mit den betroffenen Anwohnern nach Lösungen zu
suchen, um die Belastungen so gering wie möglich zu halten.“ Dies
unterstrich auch Schulleiter Thomas Gerlach, der die Umbauplanungen auf
dem Singberg-Campus vorstellte und die große Bedeutung für Wölfersheim
betonte.
Die Ergebnisse der mehrwöchigen Verkehrsbeobachtung und der
Umfrage waren allerdings eindeutig: Was eine große Freude für die
Mehrheit der Bevölkerung darstellt, treibt vielen Anwohnern die
Sorgenfalten ins Gesicht. Ein Großteil der Anwohner fühlt sich schon
jetzt vom durch Schule und Kindergarten verursachten Verkehr gestört. An
den Wochenenden und in den Ferien stört der Verkehr nur sehr wenige.
Die Hauptlast des Verkehrs aus Schule und Kindergarten trägt die durch
bauliche Maßnahmen verengte Wingertstraße mit etwa 1.000 Fahrzeugen
zwischen 6 und 22 Uhr. Gemeinsam mit dem Wetteraukreis plant die
Gemeinde Wölfersheim einen großzügigen Parkplatz oberhalb der
Singbergschule im Bereich der Steingasse zu errichten. Diese Straße ist
die zweite Möglichkeit, um auf den Singberg zu gelangen. Durch diese
Maßnahme ist zu erwarten, dass sich Teile des Verkehrs von der
Wingertstraße in die Steingasse verlagern. Außerdem wird der
Kindergarten in der Wingertstraße geschlossen und weicht einem Neubau im
Bereich der Friedensstraße, also in einem gänzlich anderen Bereich des
Ortsteils Wölfersheim. Dadurch fallen mehr als 100 Fahrten pro Tag in
der Wingertstraße weg. Ordnungsamtsleiter Thorsten Höhne berichtete
außerdem von großen Problemen im Bereich der Bushaltestelle, die
teilweise völlig verantwortungslos von abholenden Eltern zugeparkt
würde. Gleiches wussten auch einige Anwohner von ihren Einfahrten zu
berichten. Einige Bürger nutzten die Versammlung, um ihrem aufgestauten
Frust einmal Luft zu verschaffen. So wurde von kaputtgefahrenen
Bürgersteigen, zugeparkten Ausfahrten, uneinsichtigen Eltern, Lehrern
und Erzieherinnen sowie Sorgen um den Zustand der Straßen gesprochen.
Die Baumaßnahmen an der Singbergschule und der damit verbundene
Schwerlastverkehr wurde ebenfalls von einzelnen Anliegern kritisiert, da
sie in der Folge straßenbeitragspflichtige Sanierungen befürchten. Ein
Anwohner beschwerte sich gar über die erfolgte Umfrage: Die Gemeinde
solle ihre Arbeit selbst machen und nicht auf die Bürger verlagern.
Dieser Meinung wollten sich die anderen Teilnehmer der Versammlung
allerdings nicht anschließen und Bürgermeister Kötter, der in dem
betroffenen Gebiet aufgewachsen ist, widersprach deutlich: „Es ist nicht
unsere Art und unser Stil, Entscheidungen alleine im stillen
Rathauskämmerchen zu treffen und dann den Bürgern hoheitlich zu
verkünden. Wir wollen Entscheidungen gemeinsam mit den Menschen
vorbereiten, die hinterher auch damit leben müssen. Wem das nicht passt,
der muss an solchen Bürgerbeteiligungsprozessen nicht teilnehmen.
Niemand wird gezwungen, seine Meinung zu sagen, aber wir wollen jedem
die Möglichkeit dazu geben und zwar im Vorfeld von Entscheidungen und
nicht hinterher, wenn alles zu spät ist.“ Insgesamt waren die Beiträge
jedoch konstruktiv und durchaus nachvollziehbar. „Die Wohnbereiche rund
um die Singbergschule sind von dem erheblichen Verkehrsaufkommen stark
betroffen, das ist nicht zu leugnen. Es ist absolut nachvollziehbar,
wenn man sich als Anlieger darüber ärgert. Genau deswegen findet diese
Versammlung und dieser aufwendige Beteiligungs- und Analyseprozess
statt. Wir wollen die absehbar mehr werdenden Belastungen so
anwohnerfreundlich wie möglich gestalten.“ so Kötter.
Nach der
Vorstellung der Ergebnisse von Umfrage und Messung sowie der bereits in
Umsetzung befindlichen Planungen, stellte Bürgermeister Kötter zwei
mögliche Vorgehensweisen zur Abstimmung. Variante 1 war die testweise
Einrichtung einer Einbahnstraße in der Wingertstraße, wie es von einigen
Anwohnern im Rahmen der Umfrage vorgeschlagen wurde. Variante 2 sah
vor, zunächst die Schaffung des großen Parkplatzes und den Umzug des
Kindergartens und die damit verbundenen Verkehrsverlagerungen
abzuwarten. Kötter selbst plädierte dafür, zunächst auf den Testbetrieb
einer Einbahnstraße zu verzichten und stattdessen die absehbaren
Auswirkungen der Baumaßnahmen abzuwarten. Diesem Vorschlag folgte die
Versammlung mit großer Mehrheit. Ordnungsamtsleiter Thorsten Höhne
zeigte sich damit sehr zufrieden und sicherte zu, verstärkte Kontrollen,
insbesondere des ruhenden Verkehrs, umzusetzen. „Es ist absolut
sinnvoll, zunächst die Veränderung des Verkehrs abzuwarten und dann die
weiteren Schritte zu besprechen. Bis dahin werden wir verstärkt den
ruhenden Verkehr kontrollieren und auch unseren Blitzer einsetzen. Ich
freue mich, dass so viele Anwohner konstruktiv mitarbeiten und sichere
meine Unterstützung bei Schwierigkeiten und Problemen zu.“ so Thorsten
Höhne am Rande der Versammlung.
Neben dem scheidenden Schulleiter
Thomas Gerlach war die Schulleitung durch Renate Schäfer und Thomas
Küchenmeister vertreten. Auch die Elternschaft zeigte in
Elternbeiratsvorsitzendem Thomas Seeling Flagge. „Das unterstreicht, wie
wichtig der Schulgemeinde eine gute Nachbarschaft ist.“ stellte Rouven
Kötter fest. Er betonte außerdem die Bedeutung der Schulen für
Wölfersheim: „Die Gemeinde Wölfersheim ist nicht Schulträger, aber wir
wissen, wie wichtig die Jim-Knopf-Schule und die Singbergschule für die
Attraktivität unserer Gemeinde als Wohnstandort ist. Ohne gute
Kinderbetreuung und Bildung hat eine Gemeinde keine Zukunft. Deswegen
sind uns diese Themen besonders wichtig.“ Daher gab es im Wölfersheimer
Rathaus eine organisatorische Aufgabenbündelung: „Unsere Unterstützung
der Wölfersheimer Schulen ist sehr vielfältig und betrifft nahezu alle
Bereiche unserer Verwaltung. Um hierbei den Überblick zu bewahren und
die verschiedenen Aufgaben und Themen besser aufeinander abzustimmen,
wurde unser Finanz-Fachbereichsleiter Eike See zum ‚Schulkoordinator‘
ernannt. Als Vorsitzender des Fördervereins Wölfersheimer Schulen kennt
er alle Beteiligten und auch die Bedürfnisse und Örtlichkeiten
hervorragend. Er wird den Schulgemeinden als kommunaler Ansprechpartner
dienen und intern das umfangreiche Thema ‚Schule‘ im Rathaus
verantworten und koordinieren.“ erläutert Verwaltungschef Kötter.
Schulkoordinator Eike See freut sich auf seine zusätzliche Aufgabe: „Ich
beschäftige mich seit Jahren ehrenamtlich mit der Weiterentwicklung und
Unterstützung der Wölfersheimer Schulen. Sehr gerne werde ich als
Ansprechpartner der Gemeinde für die Schulleitungen, Eltern- und
Schülervertreter zur Verfügung stehen. Bildung ist unsere wichtigste
Zukunftsressource, es freut mich, wenn ich meinen Teil zur
Zukunftssicherung hier in unserer Gemeinde beitragen kann. Die
Anwohnerversammlung hat gezeigt, wie wichtig es ist, dabei auch die
Bedürfnisse der Schulnachbarn zu berücksichtigen.“
Dass die
meisten Anlieger sich über die Möglichkeit der Beteiligung freuten und
auch dankbar dafür waren, im Rahmen einer solchen Versammlung
Kritikpunkte und Probleme offen ansprechen zu können, zeigte der
Schlussapplaus mit dem die Vertreter der politischen Gemeinde und der
Schulgemeinde nach rund zwei Stunden in den wohlverdienten Feierabend
geschickt wurden.